Der Zwang zur Arbeit

Wir alle haben schon einmal etwas über Zwangsarbeit im Dritten Reich gehört, aber die näheren Umstände und die genaueren Gründe blieben bislang vielen - außer den Opfern - verschlossen. Warum kamen Ausländer nach Deutschland; und weshalb waren viele von ihnen unfreiwillig hier?

Alle diese Fragen können seit der Eröffnung der Ausstellung „Dem Ostarbeiter und Polen zu allerletzt! Fremd- und Zwangsarbeit im Raum Leipzig 1939 - 1945“ interessierten Menschen beantwortet werden. Einige Leute finden vielleicht, eine derartige Ausstellung zu organisieren beziehungsweise eine solche zu besichtigen, wäre „unmodern“; aber dem ist nicht so. Vergangenheitsbewältigung und Verständnis der „alten Generation“ sind brisanter denn je. Auch durch die jüngsten Prozesse über Entschädigungszahlungen für ehemalige Ostarbeiter wurde dieses Thema wieder ans Tageslicht gebracht. Herr Thomas Fickenwirth und Herr Steffen Held machten sich ihre historischen Kenntnisse zu Nutze und stellten mit dem Stadtarchiv Leipzig und Gaby Kirchhof eine interessante und zugleich exzeptionelle Dokumentation zusammen. Ihnen ist es gelungen, einen Einblick in die erschütternden Schicksale der Zwangsarbeiter zu geben, ohne gleich die ganze Wahrheit mitzuteilen.

Als uns unser Geschichts- und Gemeinschaftskundelehrer, Herr Illmer, von dieser Ausstellung berichtete, herrschte ein reges Interesse. Alle waren sofort interessiert - und unser Lehrer war angenehm über den Erkenntnisdrang der Schüler überrascht. Er bat uns, Fragen vorzubereiten, denn wir sollten uns nicht nur die Ausstellung anschauen, sondern auch die ehemaligen Zwangsarbeiter, die zur Zeit Gäste in Leipzig waren, befragen. Meine Mitschüler und ich waren ein wenig nervös, denn Leute über ein solch heikles Thema auszufragen, machte uns dann doch sehr betroffen.

Nachdem wir in der Volkshochschule, in deren Räumlichkeiten die Exposition präsentiert wurde, eingetroffen waren, führte man uns erst durch die Ausstellung; und später trafen wir dann auf die Organisatoren und die ehemaligen Zwangsarbeiter.

Am Anfang war die Stimmung - trotz Kaffee und Gebäck - sehr bedrückt und ein wenig steif. Nach einiger Zeit aber löste sich die Spannung. Die einzelnen Betroffenen sprachen über ihre Schicksale, ihren Weg in die Gefangenschaft und ihren Weg in die Freiheit. Mit oft sehr beklemmenden Erlebnissen, erzählten manche aufgeschlossen und manche weniger offen ihre Lebensgeschichten. Zuerst fiel es uns noch schwer, Fragen über ihre Zeit in Leipzig und im Leipziger Umland zu stellen, aber je mehr berichtet wurde, desto mehr begann man ins Gespräch zu kommen.

Leider mussten auch wir dann der Zeit Tribut zollen, denn der Schulalltag rief. Dennoch war dieses Treffen eine eindrucksvolle Erfahrung für uns; und unserer Meinung nach ist dies die beste Form, die Jugend mit der Geschichte vertraut zu machen.

(Stefanie Müller, Janine Viol)


© Johannes-Kepler-Gymnasium Leipzig